Eröffnungsveranstaltung: Das Thema Eigentum zurück in die Wissenschaft holen
Wissenschaft und Praxis tauschten sich auf der Eröffnungsveranstaltung am 8. und 9.Juli über das Thema Eigentum aus.
Von Josefine Rein, wissenschaftliche Assistenz im Bereich Chancengleichheit im SFB
„Lieber verbrenne ich mein Eigentum, als es mit jemandem zu teilen!“. Diese Antwort erhielt Sabine Nuss, Autorin des 2019 erschienen Sachbuches „Keine Enteignung ist auch keine Lösung“, auf ihren Aufruf für mehr Enteignung auf Twitter. Diese Aussage sei sinnbildlich für die Normalisierung und ideologische Aufwertung des Privateigentums in der Gegenwartsgesellschaft, erklärt die Autorin bei der Buchvorstellung auf der Eröffnungsveranstaltung des Sonderforschungsbereiches am 8. und 9. Juli in Jena.
Auch Tilman Reitz, stellvertretender Sprecher der Sonderforschungsbereiches, erklärt im Auftaktgespräch der Eröffnungsveranstaltung, dass das Thema Eigentum nach der ursprünglichen breiten Auseinandersetzung damit durch Sozialwissenschaftler*innen wie Karl Marx im Laufe der Verfestigung der Eigentumsverhältnisse und ihrer Normalisierung immer mehr in den Hintergrund der Forschung gerückt ist. Der in diesem Jahr gestartete Sonderforschungsbereich „Strukturwandel des Eigentums“ hole das Thema Eigentum jetzt zurück auf die Agenda der deutschen Sozialwissenschaften. „Ziel ist es, Fragen wie den Eigentumsbegriff, die die Gesellschaft lange vergessen hat, aus der Vergessenheit zu holen“, so die Moderatorin Elisabeth von Thadden.
Besonderer Fokus am zweiten Tag der Veranstaltung war die Frage, wie Eigentumsforschung von der Praxis sozialer Bewegungen lernen kann, Eigentum neu zu denken. Joanna Kusiak von der Berliner Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ erklärt im Gespräch mit Markus Kip, Mitglied des SFB, dass die Initiative mit ihrer Forderung nach Enteignung das Paradigma der bestehenden Eigentumsverhältnisse ganz praktisch in Frage stellt. Die derzeitige Krise des Wohnungsmarktes zeige, dass Mietrechtsreformen nicht ausreichen werden: „Man muss das Problem an der Wurzel packen und das Eigentumssystem verändern.“ Die Initiative sieht in der Vergemeinschaftung von Immobilien eine gerechtere Alternative zum Privateigentum. Praktische Impulse dieser Art solle die Forschung des SFBs aufnehmen, so die Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen in der Abschlussdiskussion am Freitagabend. „Wissenschaft sieht, was in der Vergangenheit passiert ist. In der Praxis wird aber deutlich, was gerade jetzt passiert und auch was passieren kann. Diese Hoffnung sollte auch in die Wissenschaft gebracht werden“, ergänzt Kusiak.