Schriftenreihe ‚Strukturwandel des Eigentums‘
Über die Reihe
Warum eine Buchreihe zum „Strukturwandel des Eigentums?“ Eigentum ist eine weithin unhinterfragte Grundlage der gegenwärtigen Welt- und Wirtschaftsordnung. Zugleich wird Eigentum im frühen 21. Jahrhundert in nahezu allen seinen Erscheinungsformen und Ausprägungen zunehmend herausgefordert und ist politisch zunehmend umkämpft. Fraglich geworden ist es nicht nur, weil die forcierte globale Durchsetzung des Privateigentums nach dem Zusammenbruch des Staatssozialismus am Ende des 20. Jahrhunderts eine gravierende Zunahme der Ungleichheit in Eigentums- und Vermögensverteilungen hervorgebracht hat, sondern auch, weil die bewährten Eigentumsformen inzwischen in vielen Bereichen für ökologische Nachhaltigkeit und selbst für das ökonomische Wachstum dysfunktional geworden sind. Damit ist die Bedeutung dessen, was es heißt, Eigentümer:in einer Sache (z.B. einer Wohnung, eines Waldes, eines Aktienanteils) zu sein, in Bewegung geraten. Fraglich geworden ist das Eigentum aber auch durch neue technische Entwicklungen, insbesondere Digitalisierungsprozesse: An die Stelle knapper materieller Güter scheinen nun unbegrenzt teilbare und zugängliche Dinge zu treten, wodurch ganz neue Fragen des geistigen Eigentums, der Urheber- und Patentrechte etc. aufgeworfen werden. Politisch und kulturell umkämpft ist schließlich auch, was sich überhaupt dazu eignet, eigentumsförmig organisiert zu sein: Kunstwerke? Menschliche Organe? DNA-Sequenzen? Rohstoffe? Algorithmen? Wälder? Wasser? Weltmeere? Asteroide? Welche Alternativen zum Privateigentum sind beobachtbar, welche neuen Eigentumsarrangements bilden sich heraus, welche Alternativen zur eigentumsförmigen Ordnung der Gesellschaft sind überhaupt denkbar?
Trotz seiner fundamentalen Bedeutung für Wirtschaft und Gesellschaft, ist – so die Ausgangsbeobachtung des SFB – eine gewisse Eigentumsvergessenheit zu beobachten: In unterschiedlichen Kontexten gibt es die Tendenz, Eigentum nicht zu thematisieren bzw. gar nicht in Kategorien des Eigentums zu denken.
Seit 2023 ist die Buchreihe “Strukturwandel des Eigentums“ deshalb der systematischen, interdisziplinären Erforschung von Eigentumsverhältnissen gewidmet und versammelt herausragende wissenschaftliche Arbeiten zu Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Eigentums.
Alle Bände der Reihe sind Open Access zugänglich.

Titel: Wissensengpässe. Zur politischen Ökonomie der Information
Autor: Tilman Reitz
Dezember 2025
Über das Buch
Das Konzept von Wissen als Eigentum ist vielschichtig und komplex. Tilman Reitz zeigt, dass im technologisch fortgeschrittenen Kapitalismus Wissen nur dann ökonomisch genutzt werden kann, wenn es gleichzeitig teilweise fehlt und künstlich begrenzt wird. Diese doppelte Dynamik offenbart sich beispielsweise in der Reduktion von Wissen auf bloße Information in der Digitalwirtschaft, in der Kontrolle der Wissenschaft durch den sogenannten akademischen Kapitalismus und in der Verselbstständigung von vermeintlichen Gewissheiten in der modernen politischen Öffentlichkeit. Philosophische, ökonomische und soziologische Ansätze verdeutlichen, wie die Zwänge der Wissensökonomie das Wissen selbst bedrohen.

Titel: Dimensions of Property in Reproductive Economies. Practices, Structures and Discourses
Herausgeber*innen: Stefanie Graefe, Irina Herb, Susanne Lettow
September 2025
Über das Buch
Seit dem späten 20. Jahrhundert haben sich die Produktion, die Zirkulation und der Konsum von Körpermaterialien und reproduktiven Dienstleistungen wie Eizellentransfer und Leihmutterschaft zu wuchernden transnationalen Reproduktionsökonomien entwickelt. In diesem Bereich ist eine Vielzahl neuer Akteure entstanden, die mit einer Reihe lokalspezifischer gesetzlicher Regelungen und (bio-)ethischer Diskurse einhergehen. Die kritische Forschung zur politischen Ökonomie der assistierten Reproduktionstechnologien (ART) hat diese Entwicklungen untersucht und problematisiert. In diesem Zusammenhang wurden Begriffe wie Produktion und Reproduktion, Gabentausch, Kommerzialisierung und Arbeit aufgegriffen und neu formuliert, um die Besonderheit reproduktiver Ökonomien und ihre Zusammenhänge mit dem Kapitalismus zu erfassen. Dieser Sammelband zielt darauf ab, diese kritischen Perspektiven zu erweitern, indem er Eigentum und Prozesse der Eigentumsbildung systematisch in Betracht zieht. Die Fokussierung auf Eigentumsverhältnisse trägt dazu bei, Prozesse der Konstituierung von Eigentumsobjekten, Eigentumssubjekten und Eigentumsverhältnissen sowie deren Verschränkung mit sich überschneidenden Macht- und Herrschaftsverhältnissen in reproduktiven Ökonomien aufzuzeigen und zu analysieren.

Titel: Eigentumskonflikte. Konzeptionelle und empirische Perspektiven
Herausgeber*innen: Kathrin Leuze, Joachim von Puttkamer, Marion Reiser, Sylka Scholz
September 2025
Über das Buch
Vielfältige soziale Konflikte in den kapitalistischen Gegenwartsgesellschaften drehen sich um (Privat)Eigentum, eine Institution, die konstitutiv für die Entstehung moderner kapitalistischer Gesellschaften ist, die jedoch in den vergengenen Jahrzehnten in der Wissenschaft und der Gesellschaft nur randständig betrachtet wurde. Die Beiträge dieses Buch untersuchen, welche unterschiedlichen Konflikte um (Privat)Eigentum sich in kapitalistischen Gegenwartsgesellschaften zeigen. Haben diese Konflikte das Potenzial, gesellschaftliche Eigentumsordnungen grundlegend zu transformieren?

Titel: Eigentumspolitik vom Kaiserreich bis zur Weimarer Republik
Herausgeber: Roman Birke
September 2025
Über das Buch
Gegenwärtige Eigentumskonflikte sind omnipräsent, etwa wenn es um öffentlichen Raum, den Wohnungsmarkt, das Einfrieren von Finanztiteln feindlicher politischer Blöcke oder um die Transformation hin zu einer sharing-economy geht. Der vorliegende Band untersucht die historische Dimension dieser Konflikte und forscht zu Eigentum im Deutschen Kaiserreich und der Weimarer Republik. Die Beiträge des Bandes zeigen auf, wie historische Akteurinnen und Akteure ihre jeweiligen politischen Agenden voranbrachten, indem sie auf Eigentum gestützte Argumente ins Feld führten.

Titel: Nomad Properties. Political Anthropologies of Nomadism from the 18th Century until Today.
Herausgeber*innen: Anna Möllers, Dirk Schuck, Bernhard Kleeberg
Juli 2025
Über das Buch
Was sagt der Diskurs über das Nomadentum über anthropologische Konzepte westlicher Gesellschaften aus? Dieser Sammelband setzt historische Beispiele des Nomadentums mit der Rolle des „Nomaden“ in politischen Diskursen und aktuellen theoretischen Debatten in Beziehung. Die Figur des Nomaden wurde und wird immer noch als Antagonist innerhalb eines (neo)liberalen Rahmens von Erzählungen über Sesshaftigkeit, Produktivität und Optimierung konstruiert. Während der Diskurs über das Nomadentum im 18. und 19. Jahrhundert mit kolonialen Kontexten und Vorstellungen über so genannte „primitive“ Gesellschaften verwoben war, wurde er im 20. Jahrhundert noch facettenreicher, wenn man die Ideen über das „nomadische Denken“ von Deleuze oder Guattari und die verschiedenen Formen des aufkommenden „modernen Nomadentums“ berücksichtigt: von reisenden Tagelöhner*innen über Kriegsgeflüchtete bis hin zu Wissenschaftler*innen und einer globalen Managerial Class.

Titel: Die Geburt des Eigentums
Autor: Jan Dirk Harke
Februar 2025
Über das Buch
Das Eigentum als ein gegenüber allen wirksames Recht war dem römischen Recht nicht in die Wiege gelegt. Das Konzept einer exklusiven Zuordnung der Sache zu ihrem Inhaber tritt erst deutlich nach dem Zwölftafelgesetz in Erscheinung. Schon hierin wird aber der entscheidende Schritt zur Testierfreiheit getan. Die damit verbundene Entgrenzung der Position des Erblassers verträgt sich nicht mit einer bloß relativen Zuordnung von Sachen. Kann deren Inhaber über ihr Schicksal sogar mit Wirkung für die Zeit nach seinem Tod bestimmen, muss er auch zuvor ausschließlich an ihr berechtigt sein. Auf die Testierfreiheit als Motor der Entwicklung verweist auch der Nießbrauch. Er ist geradezu als Gegenstück zum Eigentum konzipiert und erkennbar im erbrechtlichen Kontext, nämlich zur Versorgung enterbter Angehöriger, geschaffen.

Titel: Havings. Steps Towards a New Economic Philosophy of Property and Beyond
Autor: Carsten Herrmann-Pillath
November 2024
Über das Buch
Dieses Buch, das die wirtschaftlichen, soziologischen und philosophischen Implikationen des Eigentums untersucht, zielt darauf ab, die begrifflichen und ideologischen Beschränkungen zu überwinden, die aus den Debatten und rechtlichen Entwicklungen des 19. Jahrhunderts stammen, und stellt einen neuen konzeptionellen Rahmen vor, der den Begriff „Eigentum“ durch die Begriffe „Haben“ [engl. having] und den Neologismus „Havings“ ersetzt, die anhand von zwei Dimensionen analysiert werden: den Handlungsmodi des Habens (Aneignung, Anerkennung und Zuweisung) und den Strukturmodi des Habens (Besitz, Eigentum und Eigentum). Nach der Vorstellung zweier Fallstudien wird im letzten Kapitel ein neues Wirtschaftssystem skizziert, das die Polarität von Kapitalismus und Sozialismus überwindet und auf der Multidimensionalität des Habens beruht. Die Studie richtet sich an ein breiteres Publikum in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, der Philosophie und der Rechtswissenschaft.

Titel: Relating to Landed Property
Herausgeber*innen: Sofia Bianchi Mancini, Helen A. Gibson, Dirk Schuck, Markus Vinzent
September 2024
Über das Buch
Wie wird Raum durch historische und religiöse Ansprüche auf Grundbesitz konzipiert und konstituiert? Wie wird Enteignung in sich verändernden Eigentumsordnungen umgesetzt und theoretisiert? Die Beiträge dieses Bandes befassen sich mit postkolonialen Kritiken des Grundbesitzes und bieten eine dringend benötigte Kontextualisierung der Art und Weise, wie die Geschichte des göttlichen Besitzes, des Imperiums, des Siedlerkolonialismus, der Sklaverei und der Enteignung indigener Völker die heutige Praxis des Grundbesitzes beeinflusst. Das Buch vereint dafür Perspektiven aus den Bereichen Religionswissenschaft, Geschichte, Philosophie, Rechtsgeschichte, Ökonomie und Soziologie und leistet einen wichtigen Beitrag zur Verknüpfung von Theorie und Praxis in der Kritik zeitgenössischer Eigentumsordnungen in Europa und Nordamerika; es liefert zudem methodische Anregungen, um theoretische Diskussionen auf ein nuanciertes Verständnis der Vergangenheit zu gründen.

Titel: Leben auf Kredit. Menschen, Macht und Schulden in den USA vom Ende der Sklaverei bis in die Gegenwart.
Autor: Felix Krämer
Juni 2024
Über das Buch
Schulden prägen das Leben vieler Millionen Menschen in den USA. Felix Krämer macht sich auf die Suche nach ihren Geschichten von 1865 bis in die Gegenwart. Dabei wird deutlich, dass insbesondere Schwarze Amerikaner:innen, aber auch Frauen, Arbeiter:innen oder Migrant:innen immer wieder höheren Kreditrisiken oder untragbaren Konditionen ausgesetzt waren. Solche Unterschiede werden mit dem Begriff der »Schuldendifferenz« adressiert. Das Buch zeigt dies an verschiedenen Verschuldungsformen wie dem System des Sharecropping nach Ende der Sklaverei, an Bildern von Loan Sharks oder an Immobilienschulden und zeichnet nach, wie Studienverschuldung und Kreditkartenpraktiken den Neoliberalismus in die Alltagserfahrungen der Menschen brachten. Mit seinem Fokus auf Prekarisierung durch Verschuldung legt das Buch eine Produktionslinie des »wealth gap« in den USA frei und füllt so eine Leerstelle in der neuen Kapitalismusgeschichte.

Titel: Nach dem Privateigentum? Güter, Infrastrukturen und Weltverhältnisse im Kapitalismus des 21. Jahrhunderts.
Autor*innen: Silke van Dyk, Tilman Reitz, Hartmut Rosa
Juni 2024
Über das Buch
Politische Konflikte um Eigentumsverteilung, prekäre Infrastrukturen, technologische Entwicklungen sowie ökonomische und ökologische Krisen lassen einen Strukturwandel des Eigentums im 21. Jahrhundert vermuten. Die Beiträge des Bandes untersuchen diesen Wandel aus soziologischer Perspektive. Sie widmen sich dabei besonders nichtindustriellen Gütern – von Wissen und Information bis zu Grund und Boden – sowie kollektiven Beiträgen und Infrastrukturen, die zunehmend kapitalistische Ökonomien bestimmen. Obwohl das Privateigentum nach Jahrzehnten der Deregulierung und Konzentration mächtiger denn je ist, gerät es in eine ernsthafte Krise und wird durch neue Zugriffs- und Teilungsordnungen ergänzt, mit denen sich auch individuelle und kollektive Weltverhältnisse verschieben.

Titel: Pflicht und Freiheit des Erblassers. Pflichtteil und Wahnsinnsfiktion im klassischen römischen Erbrecht.
Autor: Jan Dirk Harke
Mai 2023
Über das Buch
Das Pflichtteilsrecht ist bis heute ein zentraler Bestandteil des Erbrechts. Es sichert den engsten Angehörigen eines Verstorbenen einen Mindestanteil an dessen Nachlass. Jan Dirk Harke zeichnet nach, wie sich dieses Recht allmählich gegen eine zunächst unbegrenzte Testierfreiheit im römischen Vermögensrecht durchsetzte: Um dem Gebot der familiären Verantwortung zu entsprechen, wurde den engsten Verwandten eines Erblassers die Möglichkeit eröffnet, ein Testament, durch das sie vom Erbe ausgeschlossen wurden, als pflichtwidrig anzufechten. Dies war jedoch nur unter dem Vorwand möglich, der Erblasser sei bei Errichtung des Testaments nicht zurechnungsfähig gewesen. Hieran zeigt sich die große Bedeutung der Testierfreiheit für die Gesellschaft der Antike.