Schriftenreihe ‚Strukturwandel des Eigentums‘

Über die Reihe

Eigentum ist eine weithin unhinterfragte institutionelle Grundlage der gegenwärtigen Welt- und Wirtschaftsordnung. Zugleich wird Eigentum im frühen 21. Jahrhundert in nahezu allen seinen Erscheinungsformen und Ausprägungen zunehmend herausgefordert und ist politisch umkämpft wie kaum je zuvor. Fraglich geworden ist es nicht nur, weil die forcierte globale Durchsetzung des Privateigentums nach dem Zusammenbruch des Staatssozialismus am Ende des 20. Jahrhunderts eine gravierende Zunahme der Ungleichheit in Eigentums- und Vermögensverteilungen hervorgebracht hat, sondern auch, weil die bewährten Eigentumsformen inzwischen in vielen Bereichen für ökologische Nachhaltigkeit und selbst für das ökonomische Wachstum dysfunktional geworden sind. Damit ist die Bedeutung dessen, was es heißt, Eigentümer einer Sache (z.B. einer Wohnung, eines Waldes, eines Aktienanteils) zu sein, in Bewegung geraten. Fraglich geworden ist es aber auch durch neue technische Entwicklungen, insbesondere Digitalisierungsprozesse: An die Stelle knapper materieller Güter scheinen nun unbegrenzt teilbare und zugängliche Dinge zu treten, wodurch ganz neue Fragen des geistigen Eigentums, der Urheber- und Patentrechte etc. aufgeworfen werden. Politisch und kulturell umkämpft ist schließlich auch, was sich überhaupt dazu eignet, eigentumsförmig organisiert zu sein: Kunstwerke? Menschliche Organe? DNA-Sequenzen? Rohstoffe? Algorithmen? Wälder? Wasser? Weltmeere? Asteroide? Welche Alternativen zum Privateigentum sind beobachtbar, welche neuen Eigentumsarrangements bilden sich heraus, welche Alternativen zur eigentumsförmigen Ordnung der Gesellschaft überhaupt sind denkbar?

Die vorliegende Schriftenreihe geht aus dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereich 294, ‚Strukturwandel des Eigentums‘ mit Schwerpunkt an den Universitäten Jena und Erfurt hervor. Sie ist der systematischen, interdisziplinären Erforschung des skizzierten Themengebiets gewidmet und sucht herausragende wissenschaftliche Arbeiten zu Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Eigentums zu versammeln.

Campus_Harke
Titel: Pflicht und Freiheit des Erblassers. Pflichtteil und Wahnsinnsfiktion im klassischen römischen Erbrecht.
Autor: Jan Dirk Harke

Mai 2023

Über das Buch

Das Pflichtteilsrecht ist bis heute ein zentraler Bestandteil des Erbrechts. Es sichert den engsten Angehörigen eines Verstorbenen einen Mindestanteil an dessen Nachlass. Jan Dirk Harke zeichnet nach, wie sich dieses Recht allmählich gegen eine zunächst unbegrenzte Testierfreiheit im römischen Vermögensrecht durchsetzte: Um dem Gebot der familiären Verantwortung zu entsprechen, wurde den engsten Verwandten eines Erblassers die Möglichkeit eröffnet, ein Testament, durch das sie vom Erbe ausgeschlossen wurden, als pflichtwidrig anzufechten. Dies war jedoch nur unter dem Vorwand möglich, der Erblasser sei bei Errichtung des Testaments nicht zurechnungsfähig gewesen. Hieran zeigt sich die große Bedeutung der Testierfreiheit für die Gesellschaft der Antike.

Das Buch ist via open access verfügbar.

Campus_Sprecher_innen
Titel: Nach dem Privateigentum? Güter, Infrastrukturen und Weltverhältnisse im Kapitalismus des 21. Jahrhunderts.
Autor*innen: Silke van DykTilman ReitzHartmut Rosa

Juni 2024

Über das Buch

Politische Konflikte um Eigentumsverteilung, prekäre Infrastrukturen, technologische Entwicklungen sowie ökonomische und ökologische Krisen lassen einen Strukturwandel des Eigentums im 21. Jahrhundert vermuten. Die Beiträge des Bandes untersuchen diesen Wandel aus soziologischer Perspektive. Sie widmen sich dabei besonders nichtindustriellen Gütern – von Wissen und Information bis zu Grund und Boden – sowie kollektiven Beiträgen und Infrastrukturen, die zunehmend kapitalistische Ökonomien bestimmen. Obwohl das Privateigentum nach Jahrzehnten der Deregulierung und Konzentration mächtiger denn je ist, gerät es in eine ernsthafte Krise und wird durch neue Zugriffs- und Teilungsordnungen ergänzt, mit denen sich auch individuelle und kollektive Weltverhältnisse verschieben.

Campus_Krämer
Titel: Leben auf Kredit. Menschen, Macht und Schulden in den USA vom Ende der Sklaverei bis in die Gegenwart.
Autor: Felix Krämer

Juni 2024

Über das Buch

Schulden prägen das Leben vieler Millionen Menschen in den USA. Felix Krämer macht sich auf die Suche nach ihren Geschichten von 1865 bis in die Gegenwart. Dabei wird deutlich, dass insbesondere Schwarze Amerikaner:innen, aber auch Frauen, Arbeiter:innen oder Migrant:innen immer wieder höheren Kreditrisiken oder untragbaren Konditionen ausgesetzt waren. Solche Unterschiede werden mit dem Begriff der »Schuldendifferenz« adressiert. Das Buch zeigt dies an verschiedenen Verschuldungsformen wie dem System des Sharecropping nach Ende der Sklaverei, an Bildern von Loan Sharks oder an Immobilienschulden und zeichnet nach, wie Studienverschuldung und Kreditkartenpraktiken den Neoliberalismus in die Alltagserfahrungen der Menschen brachten. Mit seinem Fokus auf Prekarisierung durch Verschuldung legt das Buch eine Produktionslinie des »wealth gap« in den USA frei und füllt so eine Leerstelle in der neuen Kapitalismusgeschichte.

Campus_Relating_Land
Titel: Relating to Landed Property
Herausgeber*innen: Sofia Bianchi ManciniHelen A. GibsonDirk SchuckMarkus Vinzent

September 2024

Über das Buch

Wie wird Raum durch historische und religiöse Ansprüche auf Grundbesitz konzipiert und konstituiert? Wie wird Enteignung in sich verändernden Eigentumsordnungen umgesetzt und theoretisiert? Die Beiträge dieses Bandes befassen sich mit postkolonialen Kritiken des Grundbesitzes und bieten eine dringend benötigte Kontextualisierung der Art und Weise, wie die Geschichte des göttlichen Besitzes, des Imperiums, des Siedlerkolonialismus, der Sklaverei und der Enteignung indigener Völker die heutige Praxis des Grundbesitzes beeinflusst. Das Buch vereint dafür Perspektiven aus den Bereichen Religionswissenschaft, Geschichte, Philosophie, Rechtsgeschichte, Ökonomie und Soziologie und leistet einen wichtigen Beitrag zur Verknüpfung von Theorie und Praxis in der Kritik zeitgenössischer Eigentumsordnungen in Europa und Nordamerika; es liefert zudem methodische Anregungen, um theoretische Diskussionen auf ein nuanciertes Verständnis der Vergangenheit zu gründen.